Als Neros Palast »Domus Aurea«, das »Goldene Haus«, am Ende des 15. Jahrhunderts in Rom versehentlich wiederentdeckt wurde, löste sein prächtiges Interieur ein neues Interesse an antiker Kultur aus. Darüber hinaus ließ diese Wiederentdeckung einen bisher unbekannten, verspielten Stil klassischer Ornamente erkennen. Der sagenumwobene Palast war seit langem unter der Erde vergraben gewesen und sein Fund bedeutete für seine ersten Entdecker den Eintritt in eine Welt von höhlen- oder grottenähnlichen Räumen, woraus sich auch die Bezeichnung »groteske Malerei« für diese kunstvolle Verzierung von Wänden und Decken ableitete. Was hier entdeckt wurde, war allerdings weit entfernt von der formellen Sprache traditioneller klassischer Ornamentik, denn diese Kunst war in erster Linie dekorativ und dazu durchsetzt von einer merkwürdigen Komik: Parodien auf die klassische Mythologie, fantastische Zwitterwesen, Männer, die aus Eiern schlüpfen, Bilder einer perversen Erotik, unwirkliche architektonische Visionen, riesige Schmetterlinge, boshafte Putten, Affen, Sphinxe und albtraumartige Insekten - den Betrachtern eröffnete sich ein ganzes Repertoire an hemmungsloser Vorstellungskraft ohne jegliche Tabus. (Text engl.)