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Das Falkenbuch Kaiser Friedrichs II. De arte venandi cum avibus.

Biblioteca Apostólica Vaticana, Rom.

Format 36 x 25 cm, 222 Seiten, ca. 660 vogel- und jagdkundliche Darstellungen. Limitierte Auflage: 980 Exemplare (davon 900 arabisch und 80, für die Biblioteca Apostólica Vaticana bestimmte, römisch nummerierte Exemplare) deutscher Kommentarband: Dorothea Walz, C. A. Willemsen (in: Das Falkenbuch Friedrichs II., Glanzlichter der Buchkunst, Band 9, Leinen mit Schutzumschlag und Schuber). Kommentar (spanisch): José Manuel Fradejas Rueda.

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Ms Pal. Lat. 1071. 13. Jahrhundert. Süditalien um 1260. Das charakteristische Tierbuch des Mittelalters war das Bestiarium. Die frühen, aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts überlieferten Handschriften umfaßten, den vorgegebenen Physiologus-Motiven entsprechend, etwa 40-50 Bilder, meist Federzeichnungen. Im Laufe der Zeit kamen immer mehr Motive hinzu und die Tendenz der Physiologus-Tradition, allen vorgestellten Objekten eine christlich-moralisierende Deutung beizugeben, nahm mit zunehmendem naturkundlichen Interesse ab, was sich auch in den Texten zeigt. So vereinte das Bestiarium Fabel- und Mischwesen, die vor allem alter Überlieferung und der ausmalenden Phantasie ihrer Interpreten entsprangen, sowie reale Objekte, bis das Bestiarium langsam verschwand, weil sich eine Verweltlichung seiner Themen ergab und die wachsende Bevorzugung einer Trennung von wissenschaftlich begründetem und theologisch abgeleitetem Wissen Enzyklopädien und Spezialliteratur zu Tieren, meist Jagdbücher, entstehen ließen, Entwicklungen, die dem beliebten Buchtypus gleichsam den Boden entzogen. Bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts begann die Handschriftenproduktion der Bestiarien nachzulassen. Der um 1240 entstandene »Codex De arte vevandi cum avibus«, eine Anleitung zur Aufzucht, Abrichtung und Verwendung von Jagdfalken sowie vogelkundliches Lehrbuch mit zahlreichen, naturnahen Vogelzeichnungen, erfüllt das besonders in Adelskreisen artikulierte Interesse an spezialisierter Betrachtung und naturgetreuer Abbildung auf noch heute naturwissenschaftlich- experimentell bedeutsame Weise. Mit bis dahin nahezu unbekannter Präzision und Naturtreue der Abbildungen verlieh der Autor, der sich in der Einleitung des Werkes als Kaiser Friedrich II. zu erkennen gibt, seinen Aussagen Seriosität und Anwendbarkeit. Friedrich II., deutscher König, seit 1220 Kaiser, galt schon zu Lebzeiten als »stupor mundi«, als Herrscher, »der die Welt in Erstaunen versetzt«. Am Hofe des Kaisers in Palermo, später auch Foggia, entfaltete sich ein glanzvolles und vielseitiges kulturelles Leben. Friedrich II. besaß umfangreiche wissenschaftliche Kenntnisse und interessierte sich nicht nur für Philosophie und Theologie, sondern darüber hinaus für exakte Wissenschaften wie Mathematik, Astronomie, Physik, Chemie und auch Zoologie. Sein Buch über die Falkenjagd gründet in eigener, über 30 Jahre sich erstreckender Beobachtung von Beize und Vogelwelt. Die wissenschaftliche Genauigkeit und der hohe Informationsgehalt seiner Gedanken und der zugehörigen Illustrationen von wenigstens 500 Vögeln aus etwa 80 verschiedenen Arten beruht auf akribischer Analyse von Quellen und dem Forscherdrang eines begeisterten Falkners. Die Jagd mit Falken läßt sich bis in die vorchristliche Zeit zurückverfolgen. Falken genossen im alten Ägypten göttliche Verehrung. Horas, der Königsgott, Soker, der Totengott, oder Month, der Kriegsgott, erfuhren falkenköpfige Darstellung. Die Auseinandersetzung mit arabischer Kultur im Kontext der Kreuzzüge gab der Falknerei neue Impulse. Friedrich II. kannte das antike und arabische Wissen und verband es mit eigener Erfahrung. Er beherrschte die langwierige Abrichtung des Beizvogels und lernte durch die Berufung von Falknern aus aller Welt an seinen Hof weiter hinzu. Während des fünften Kreuzzuges 1228/29, auf dem er die kampflose Rückgabe Jerusalems an die Christen erreichte und sich selbst zum König von Jerusalem krönte, beobachtete der Enkel Friedrich Barbarossas und letzte Stauferkaiser bei arabischen Falknern den Gebrauch der Falkenhaube und begriff sofort die herausragende Bedeutung seiner Beobachtung für die Jagd und das Befinden der Vögel, denen das Zunähen der Augenlider in Zukunft erspart bleiben würde. Der nur mit einer Haube bedeckte Vogel kann vor dem Auswerfen auf das Wild abgehaubt werden und kehrt nach der Jagd, angelockt durch ein Fleischstück, das Zieget, auf die Faust seines Besitzers zurück. Friedrichs eigenes, um 1240 entstandenes Falkenbuch ist nicht mehr erhalten, wohl aber das nach seinem Vorbild entstandene Exemplar seines Sohnes Manfred, König von Sizilien in den Jahren 1258-66. Der Codex kann als unvollständig bezeichnet werden, erfaßt er doch nur zwei der ursprünglich sechs Bücher zur Vogelkunde und -jagd. Während die Abbildung von Landschaft und Architektur den zeitgenössischen Stil dokumentiert und Personen nur peripher eine Rolle in der Darstellungskunst des Buchmalers gespielt haben und schematisch ausgeführt scheinen, sind die gezeigten Tätigkeiten, die Hand- und Fingerbewegungen der Falkner mit besonderer Aufmerksamkeit illustriert und präzise veranschaulicht - ganz nach der Intention des berühmten Autors. Die bestechende Akkuratesse der Illustrationen wird ergänzt durch ihre narrative Qualität und eine fein nuancierte Farbgebung. De arte venandi cum avibus ist nicht nur eine für Falkner und Vogelkundler noch heute bedeutsame Informationsquelle, sondern ein durchgehend illuminiertes Meisterwerk der Buchmalerei.