Der wahrscheinlich in London entstandene Queen-Mary-Psalter ist eine der wertvollsten Handschriften im Besitz der British Library. Der Auftraggeber stammt vermutlich aus dem engsten Umfeld der englischen Königsfamilie. Die Herstellung wird in den Zeitraum 1310-1320 datiert, also in die Regierungszeit von König Eduard II. und seiner Frau Isabella von Frankreich. Möglicherweise war der Psalter ein Geschenk an das Paar oder für ein königliches Kind gedacht. Die erste gesicherte Besitzerin des Psalters ist die englische Königin Maria I. Tudor (reg. 1553-1558), deren Namen der Psalter heute trägt. Der Buchmaler ist nur unter seinem Notnamen »Queen-Mary-Meister« bekannt. Seine Rolle in der englischen Kunst kann mit der von Giotto in Italien und mit der von Jean Pucelle in Frankreich verglichen werden. Den Auftakt bildet ein Zyklus mit rund 223 Illustrationen zum Alten Testament, danach folgt der Festkalender mit 24 seitenbreiten gerahmten Miniaturen. Der als »Bas-de-page« bezeichnete Leerraum unten auf der Seite präsentiert das Mittelalter in seiner gesamten Vielfalt: die Tierwelt des Bestiariums, Ritter in Turnieren und in der Schlacht, Szenen der Jagd - der Phantasie des Queen-Mary-Meisters sind keine Grenzen gesetzt. Er erschuf eine Handschrift der Superlative, die auf jeder Seite mit höchster künstlerischer Qualität beeindruckt und kongenial in ein Meisterwerk der Faksimilierkunst umgesetzt wurde.