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Boris Mikhailov - Case History

Hg. Alexis Schwarzenbach. Zürich 1999.

18 x 24 cm, 480 S., 439 farb. Abb. in Farbe, geb.

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Case history - eine Krankengeschichte zeigt der ukrainische Fotograf Boris Mikhailov am Beispiel von Obdachlosen: Alte und Junge, Männer, Frauen, Kinder, die aus seiner Heimatstadt Charkov stammen. Die Krankengeschichte ist die der neuen Gesellschaftsordnung in der ehemaligen Sowjetunion; ob Charkov, ob Moskau oder Irkutsk - überall ließen sich ähnliche Bilder finden. Obdachlosigkeit ist ein neues Phänomen: früher hatten alle wenigstens ein Dach über dem Kopf und eine gewisse Absicherung durch die Rente, heute haben viele die Orientierung verloren, jedwegliche Sozialabsicherungen fehlen. Das einzige Angebot für Leute, die in Charkov auf der Straße leben, ist eine Suppenmahlzeit, die einmal pro Woche von der katholischen Kirche verteilt wird. Mikhailov zeigt nun diese neuen Antihelden beim Reden, Lachen, Posieren, Trinken, Pinkeln, Baden. Viele der Aufnahmen sind inszeniert, was sie von reinen Dokumentarfotografien unterscheidet. Mikhailovs Ehefrau, Viktorija, bat die Dargestellten Modell zu stehen und zahlte ihnen dafür eine geringe Summe. Bewußt thematisiert Mikhailov so die Macht des Geldes, indem er die Modelle anleitete, Tabus zu durchbrechen und sie ihre Geschlechtsteile zeigen läßt oder sie beim Waschen fotografierte. Eine Schamgrenze existiert nicht mehr. Einem reinen Voyeurismus steht entgegen, daß Mikhailov Fotografien von sich und seiner Frau unter die Porträts der Obdachlosen gemischt hat, wie um Grenzen zu verwischen und zu sagen: »Seht her, ich bin einer von ihnen.« Diese Anteilnahme spürt man in den Bildern, trotzdem möchte man zugleich hin- und wegsehen können. Text engl.